Wie barrierearm ist der Leipziger Osten eigentlich? Welche Stolperfallen und Barrieren begegnen uns auf unserem täglichen Weg zum Bäcker, zur Straßenbahn oder zum Café um die Ecke? Dieser Frage sind wir am 25.07. bei unserem Rundgang „Unser Stadtteil – barrierearm?!“ nachgegangen.
Zusammen mit dem Behindertenverband Leipzig e. V. hat das Quartiersmanagement Leipziger Osten dazu eingeladen, gemeinsam die Barrieren im Stadtteil zu erkunden. Rund 20 Teilnehmer*innen sind dieser Einladung gefolgt, eine bunte Mischung aus Vertreter*innen des Behindertenverbandes und des Blinden- und Sehbehindertenverbandes (BSVS) sowie interessierten Anwohner*innen. Auch der Fußverkehrsbeauftragte der Stadt Leipzig, Friedemann Goerl, nahm an der Veranstaltung teil, nahm Hinweise auf und gab Inputs aus der Stadtverwaltung. Los ging’s am Stadtteilteilhaus in der Wurzner Str. 70. Nach der Begrüßung und einer kurzen Vorstellungsrunde schauten wir uns den Campus der Quartiersschule Ihmelsstraße genauer an. Hier fielen die Rampe, die zum Eingang des Stadtteilhauses führt, und die farbliche Markierung der Treppenstufenkanten positiv auf. Gleichzeitig wurde auch angemerkt, dass die Leitstreifen, die zu den Eingängen zum Stadtteilhaus führen, fehlen und das Gebäude somit schwer für Leute mit Seheinschränkungen zugänglich ist. Besonders spannend und erkenntnisreich waren die Inputs der blinden und sehbehinderten Teilnehmer*innen und der Rollstuhlfahrer*innen, da diese auf zahlreiche Stellen und Barrieren auf dem Weg aufmerksam machten und die Vor- und Nachteile verschiedener Maßnahmen diskutierten.
Weiter ging es über die Ihmelsstraße zur Haltestelle Wiebelstraße. Auch die Haltestelle stellte sich als Beispiel für gut umgesetzte Maßnahmen heraus. Die Haltestelle ist so gebaut, dass ein Leitstreifen zur ersten Tür der Bahn führt, die auditive Informationen zur Linie der Straßenbahn gibt. Durch den Fahrradweg zwischen Haltestelle und Bahngleisen sei die Haltestelle dennoch risikobehaftet, da die Fahrradfahrenden oft auch beim Einfahren der Straßenbahn nicht stehen bleiben oder langsamer fahren. Auf dem Weg zeigten sich damit nicht nur bauliche Barrieren wie fehlende Aufmerksamkeitsfelder (z.B. um auf abgesenkte Bordsteine hinzuweisen) oder Ampeln ohne Blindensignale sondern auch zahlreiche Möglichkeiten, sich im Alltag umsichtiger zu verhalten und selbst zu mehr Barrierefreiheit beizutragen. Dazu zählen neben rücksichtsvollem Fahrrad- und Autofahren das platzsparende Abstellen von Mülltonnen und Fahrrädern auf dem Gehweg. Diese versperren oft den Gehweg, wodurch man vor allem mit Rollstuhl nicht mehr vorbeikomme.
Die Teilnehmer*innen, die die mitgebrachten Rollstühle und Simulationsbrillen und Langstöcke fleißig ausprobierten, konnten so einmal erleben, wie umständlich es sein kann, wenn das Leihfahrrad mitten auf dem Weg abgestellt ist und man deshalb die Straßenseite wechseln muss. Auf dem Weg war außerdem noch Zeit für Austausch und Erfahrungsberichte. So erzählten eine Rollstuhlfahrerin und eine blinde Frau aus ihrem Leben und auch zum Umgang in der Öffentlichkeit:
„Ich habe noch einen Sehrest, aber ich bin immer dankbar für jeden Hinweis auf Hindernisse. Aber wenn ich angesprochen werde, bin ich auch immer vorsichtig, weil ich nicht alle Gesichter erkenne. Ich würde mir auch nicht wünschen, dass jemand mich ungefragt berührt und führt.“
Nach der letzten und hindernisreichsten Etappe auf der Eisenbahnstraße kamen wir im Garten der Eisenbahnstraße 66 an, wo wir den zweistündigen Rundgang mit erfrischenden Getränken und Snacks ausklingen ließen.
Wir danken dem Behindertenverband für die schöne Zusammenarbeit, den Vertreter*innen des Behindertenverbandes und des BSVS für die Inputs und allen Teilnehmenden für den spannenden Austausch! Wir freuen uns, Sie und euch bei der nächsten Veranstaltung wiederzusehen.
Weitere Informationen zum Thema Barrierefreiheit und Mobilität finden Sie hier: